ZÄMME LÄBE - STATT BLOCKIERE
Vollständige Rekursbegründung
Einleitung
Wir sind eine gemischte Gruppe von Anwohnern und durch das Pilotprojekt «Superblocks» anderweitig Betroffener, welche mit der geplanten temporären Versuchsanordnung nicht einverstanden ist.
Viele von uns leben bereits seit vielen Jahren im St. Johanns-Quartier und haben den Wandel vom einfach Arbeiter- zum hippen Trendquartier miterlebt. Von den vielen Arealen, die die Geschichte des St. Johanns städtebaulich festgehalten haben, sind heute nur noch Wenige übrig. An Stelle des Rheinhafens beispielsweise ist der eindrückliche Novartis-Campus gebaut worden, das Schällemätteli- Gefängnis ist einem modernen Hochhaus der Universität Basel gewichen. Der Transitverkehr nach Frankreich verschwand mit dem Bau der Nordtangente von den Quartierstrassen und unter die Erde. Auch das Gassenzimmer und der damit verbundene Drogenkonsum im öffentlichen Raum wurde aus dem Quartier verlagert.
Alle diese Veränderungen haben zu einem regelrechten Boom im Quartier geführt. Es wurden Häuser gekauft, die Wohnungen nach Kündigung der Mieter saniert und zu deutlich höheren Preisen an zahlungskräftigere Kundschaft weitervermietet. Aber auch öffentliche Flächen wie der Vogesenplatz, die Gasstrasse oder der St. Johanns-Park wurden für viel Geld umgebaut, um den Veränderungen im Quartier Rechnung zu tragen. Und während die länger ansässigen Bewohner seit jeher die Vorzüge des St. Johanns-Quartiers mit der guten Lage und der schnellen Erreichbarkeit sowohl der Innenstadt als auch der umliegenden Dörfer und Städte einerseits, der lebendigen und vielfältigen Quartiersgemeinschaft andererseits, zu schätzen wussten, hat dieser Charme viele neue Bewohner angelockt.
In den folgenden Jahren hat die Stadt viel unternommen, um die weitere Entwicklung des Quartiers voranzutreiben und den Bedürfnissen eines hippen Trendviertels anzupassen. Eingebettet in städtische Verordnungen, Gesetze und Richtpläne wurden Begegnungszonen geschaffen (wovon die Jungstrasse Ende 2003 eine der ersten beiden Begegnungszonen im gesamten Stadtbereich war), Parkplätze aufgehoben, Velospuren gebaut und Temporeduktionen umgesetzt.
Und während der sozioökonomische Strukturwandel die Quartiergemeinschaft verändert hat, haben die zahlreichen Verkehrsmassnahmen dazu geführt, dass die lagebedingte Attraktivität des Quartiers zumindest in den Augen einiger Bewohner abgenommen hat. Sowohl Anwohner wie auch Besucher – insbesondere wenn sie mit dem eigenen Auto ins Quartier oder aus diesem raus fahren wollen – erfahren regelmässig die Auswirkungen dieser Massnahmen durch den erhöhten Parkplatzdruck und die verschlechterte Verkehrssituation.
So ist es auch nicht erstaunlich, dass im Quartier eine rege Fluktuation und Umzugstätigkeit festzustellen ist und viele der neuen Anwohner nach einigen Jahren im Quartier oftmals wieder wegziehen, aber auch viele langjährige Bewohner das Quartier verlassen. Neben dem Wegzug von Bewohnern ist aber auch eine Verlagerung von Handwerksbetrieben und KMU’s in die Nachbarkantone zu beobachten, verbunden mit einem Arbeitsplatzabbau.
Die Einhaltung der Leitlinien staatlichen Handelns (Verfassung des Kantons Basel-Stadt, §15, Abs. 1 und 3, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/111.100), wonach sich der Staat «bei der Erfüllung seiner Aufgaben an den Bedürfnissen und am Wohlergehen der Bevölkerung unter Berücksichtigung der «Persönlichkeit und […] Eigenverantwortung des einzelnen Menschen» orientieren soll, und «Chancengleichheit, […] kulturelle Vielfalt, […] Integration und Gleichberechtigung in der Bevölkerung sowie die wirtschaftliche Entfaltung» fördern soll, müssen durch die Quartierplanung der letzten Jahre und nun auch durch die zu erwartenden Auswirkungen der Superblocks hinterfragt werden.
Mit den «Superblocks» sollen massive Eingriffe in die bestehenden und gewachsenen sozioökonomischen und baulichen Strukturen vorgenommen werden. Statt Superblocks ausschliesslich (wie beim Erlenmattareal) in grosse Projektentwicklungen einzubetten, sollen diese in funktionierende,
über mehrere Jahrhunderte gewachsene Quartierstrukturen eingebracht werden. Die Umsetzung dieser neuen städtebaulichen Massnahmen beruht dabei primär auf Verboten, ohne dass den Bedürfnissen von Teilen der Quartierbevölkerung nach Individualmobilität Rechnung getragen wird und Alternativen geschaffen werden, die die negativen Auswirkungen einer solchen Verkehrspolitik reduzieren und gleichzeitig das Erreichen übergeordneter Ziele (Klimaschutz, Mobilitätsstrategie) ermöglichen.
Aber auch körperlich oder geistig beeinträchtigte Menschen, ältere Menschen mit besonderen Mobilitätsanforderungen oder berufstätige Menschen, die im Rahmen ihrer Berufsausübung auf Individualmobilität angewiesen sind (Menschen in Berufen mit Anwesenheitspflicht, Schichtarbeiter, Vertreter, Handwerker, Im Umland arbeitende Städter, in der Stadt arbeitende Menschen aus dem Umland) werden durch die Superblocks wiederum benachteiligt.
Und so wird das multikulturelle Zusammenleben und die gesellschaftliche Vielfalt im St. Johann durch die Superblocks unweigerlich und tiefgreifend verändert.
Wir haben den Weg des Rekurses gewählt, weil....
Versuchsanordnung
… wir unsere Interessen nicht in dem Anliegen der Petition vertreten sehen.
Superblocks entsprechen nicht unseren Vorstellungen eines lebenswerten Quartieres. Das Vorhaben, Superblocks in Zukunft als stadtplanerisches Instrument zu etablieren, schränkt unser Bedürfnis nach Mobilität und konsekutiv unsere Lebensqualität in unseren Augen unverhältnismässig stark ein.
Anstelle zielorientierter, wohldosierter Eingriffe in unserem Quartier mit dem Ziel, Multikulturalität und Vielfältigkeit zu erhalten, wird mit den Superblocks zum voreiligen Rundumschlag ausgeholt, ohne dass tatsächliche Ziel verfolgt und konkrete Verbesserungen erreicht werden können. Im Gegenteil werden durch die Verbote und Einschränkungen, ohne Schaffung sinnvoller Alternativen, Anwohner benachteiligt, ausgeschlossen oder (finanziell) genötigt. Dies begründet u.a. den Diskriminierungs- und den Nötigungsbestand (https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/111.100).
… wir als Teil der Quartierbevölkerung unmittelbar von den Auswirkungen des Versuches betroffen sind, der Entscheid zur Durchführung aber ohne unser Mitwirken getroffen wurde.
Entsprechend der kantonalen Verfassung (§55, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/111.100) ist der Staat angehalten, « die Quartierbevölkerung in seine Meinungs- und Willensbildung [einzubeziehen], sofern Ihre Belange besonders betroffen sind.»
So muss im Falle der mit weniger Einschränkungen verbundenen Einrichtung einer Begegnungszone eine 2/3 Mehrheit der Anwohner einer Umnutzung zustimmen. (https://www.raumplanung-staedtebau-stadtraum.bs.ch/oeffentlicher-raum/begegnungszonen.html) Aufgrund der im Vergleich zu einer Begegnungszone weiterreichenden Auswirkungen des Pilotprojekts «Superblocks» auf die Anwohner der benachbarten Quartierstrassen ist eine Befragung der dortigen Anwohner ebenfalls durchzuführen
… der bisherige Informationsfluss bezüglich des geplanten Versuches ungenügend war.
Im Vorfeld des geplanten Versuches wurden weder Informationsschreiben an uns, die betroffene Quartierbevölkerung versandt, noch wurden personalisierte Einladungen zu den Informationsveranstaltungen verteilt. Im Gegensatz zu vielen Superblockbefürwortern, welche die Termine frühzeitig über interne Kanäle verbreitet hatten, wurden wir erst kurz vorher auf die Termine aufmerksam und konnten uns nicht mehr für die bereits ausgebuchten Veranstaltungen anmelden.
… wir bislang keine Informationen erhalten haben, welche Ziele mit dem Versuch erreicht werden sollen und anhand welcher Parameter die Auswertung erfolgen soll.
An der Informationsveranstaltung wurden gemäss der online einsehbaren Powerpoint- Präsention5 diverse Vorteile und mögliche Potentiale der Superblocks vorgestellt (Steigerung der Grün- und Erholungsflächen (12.6%), gerechtere Verteilung des Strassenraumes, verbesserte Lebensqualität, mehr Sicherheit, eine Öffnung des öffentlichen Raumes für Menschen, eine Verbesserung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens, des Mikroklimas, die Belebung des lokalen Gewerbes sowie die Einhaltung der Klimaziele von Basel) (https://www.entwicklung.bs.ch/dam/jcr:d45b4514-df30-4955-9357-50b0d1c5229b/Pr%C3%A4sentation_Infoveranstaltung_St.Johann.pdf). Allerdings wurden keine konkreten Massnahmen beschrieben, wie diese Verbesserungen erreicht werden sollen. Im Gegenteil wurden aufgrund des zeitlich befristeten Versuches viele Massnahmen als nicht umsetzbar verworfen. Die ganze Umsetzung ist in unseren Augen überstürzt und nicht zielorientiert.
Zur Erfassung der tatsächlichen Veränderungen im Quartier erwarten wir neben der Messung objektiver Parameter daher auch die Befragung der Quartierbevölkerung.
Subjektive Parameter: Bislang ist keine Befragung der Anwohner und der weiteren Strassennutzer hinsichtlich der aktuellen Lebensqualität und der Mobilitätsbedürfnisse erfolgt, sodass die durch den Versuch herbeigerufene subjektive Beurteilung der veränderten Lebenssituation statistisch nicht ausgewertet werden kann.
Objektive Parameter: Eine wissenschaftliche korrekte Auswertung des Versuches bedingt eine Erfassung diverser Parameter als Messgrösse der zu erreichenden Ziele (bspw. Verbesserung der Luftqualität und des Mikroklimas, Temperatur- und Verkehrsreduktionen, Erhöhung der Verkehrssicherheit). Uns ist unklar, ob eine solche statistische Auswertung vorgesehen ist und welche Messungen durchgeführt werden. Bislang wurden keine Messungen in unserem Strassenbereich wahrgenommen.
… wir an der grundsätzlichen Aussagekraft eines solchen Versuches zweifeln.
Weder die räumliche noch die lokale Ausgestaltung der Versuchsanordnung entspricht dem definitiven Aufbau eines Superblocks. Durch den temporären Charakter des Versuches sind die ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen auf die Anwohner und das Quartier ebenfalls nicht beurteilbar.
… wir eine finanzielle und zeitliche Mehrbelastung durch den Superblock-Versuch erwarten, für welche wir nicht entschädigt werden. Insbesondere finanziell stark belastete Haushalte kann diese zusätzliche Belastung vor existentielle Probleme stellen.
Der Abbau von Parkplätzen führt zu einer weiteren Verschärfung der Parkplatzsituation. Bereits ohne Reduktion bedeutet die Parkplatzsuche regelmässig einen zeitlichen Aufwand von 10-20 Minuten. Ausserhalb der Hauptverkehrszeiten (nachts) kann der entsprechende Aufwand aber auch deutlich höher liegen, bevor ein geeigneter Parkplatz gefunden wird. Durch einen weiteren Parkplatzabbau wird sich dieser Aufwand und damit verbunden der Emissionsausstoss nochmals vergrössern.
Die Anmiete eines Einstellplatzes ist mit erheblichem finanziellen Mehraufwand verbunden. Ein Blick in die verfügbaren Einstellhallen zeigt, dass der Auslastungsgrad auch hier bereits sehr hoch ist und nur wenig zusätzliche Kapazitäten bietet. Auf die von den Superblockbefürwortern angeführten freien Parkplätze in privaten Einstellhallen, bspw. auf dem Gelände des Novartis-Campus, können Anwohnende nicht zugreifen.
… wir ähnlich zum Wettstein-Quartier ebenfalls eine hohe Begegnungszonen-Dichte und eine unmittelbare Rheinnähe vorweisen können, was nach Auskunft eines dortigen Quartiervereinmitglieds ausschlaggebend für den Entscheid gegen eine Versuchsdurchführung im Wettstein-Quartier war.
Grünes und belebtes Basel
… die tatsächlich verfügbaren Grün- und Erholungsflächen deutlich über den in der Informationsveranstaltung genannten 12.6% der gesamtstädtischen Fläche liegen.
Eine Betrachtung der Grün- und Erholungsflächen im Geoportal (https://map.geo.bs.ch/?lang=de&baselayer_ref=Grundkarte%20grau&map_x=2610527&map_y=1268305&map_zoom=4&tree_group_layers_Bodenbedeckung=BS_Bodenbedeckungen_befestigt_Sportanlage%2CBS_Bodenbedeckungen_humusiert_ParkanlageSpielplatz&tree_group_layers_%C3%96ffentlicher%20Raum=&tree_groups=Bodenbedeckung%2C%C3%96ffentlicher%20Raum) zeigt, dass lediglich der Kannenfeldpark, der St. Johanns-Park und die angrenzenden Flächen des St. Johanns-Platzes sowie die Grünflächen der Voltamatte zur Berechnung der Grün- und Erholungsflächen im Quartier St. Johann herangezogen werden.
Nicht erfasst werden Flächen wie der Tschudipark und eine Vielzahl weiterer öffentlicher Plätze (bspw. Vogesenplatz, Elsässer-Rheinweg, diverse öffentlich nutzbare Pausenplätze oder der Vorplatz des Biozentrums). Bestehende Begegnungszonen werden ebenfalls nicht gewertet (bspw. St. Johanns-Rheinweg mit dem angrenzenden Rheinbord, Wasserstrasse oder die innerhalb der geplanten Superblock-Versuchs liegenden Jung- und Fatiostrasse, Davidsbodenstrasse). Auch zahlreiche Hinterhöfe, Vorgärten, Dachterrassen und Balkone stehen, zumindest den Anwohnern, als Grün- und Erholungsflächen zur Verfügung, werden aber ebenfalls nicht in die Auswertung miteinbezogen.
Folglich sind die 12.6% an Grün- und Erholungsflächen ein ungenauer Parameter zur Beurteilung der Verfügbarkeit von Grün- und Erholungsflächen. Die tatsächlich nutzbaren Flächen dürften sowohl in der Stadt als auch im Quartier wesentlich grösser sein. Eine Umnutzung der Superblock-Strassen würde im Umkehrschluss eine kleinere Vergrösserung dieser Flächen als bisher angenommen darstellen.
Entsprechend ist der Nutzungsdruck, die entsprechenden Strassen einem geänderten Nutzungszweck als Grün- und Erholungsfläche zuzuführen, geringer als angeführt und dementsprechend die Notwendigkeit einer Umnutzung geringer( NÖRG, Art 24, Abs. 1, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/724.100).
… viele Plätze und Strassen im öffentlichen Raum Potential für eine zusätzliche Begrünung bieten und dadurch eine Aufwertung der Aufenthaltsqualität, ohne weitreichende Einschränkungen des Individualverkehrs, erreicht werden kann.
Die Stadt hat in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Bauprojekte im Quartier durchgeführt oder bewilligt (bspw. Neugestaltung Vogesenplatz, Neubau Elsässer-Rheinweg, Neubau Biozentrum). Leider wurde bei vielen dieser Projekte die Chance verpasst, eine ansprechende und zeitgemässe Begrünung zu verwirklichen. Allerdings könnte eine solche Begrünung auchnachträglich und ohne die einschränkenden Auswirkungen der Superblocks umgesetzt werden
… eine erfolgreiche Belebung der Strasse zu einer Zunahme von Lärm, Littering und Luftverschmutzung führen kann.
Dem versprochenen Rückgang der Emissionen des Autosuchverkehrs steht eine Zunahme des Strassenlärms durch die neue Nutzungsform gegenüber. Als Anwohner rechnen wir mit einer Zunahme lärmintensiver Phasen, bspw. bedingt durch das Abspielen lauter Musik aus tragbaren Lautsprechern und dem oftmals lärmintensiven Spielen von Kindern (bereits heute durch Skateboard-fahrende Kinder auf ihren selbstgebauten Skaterampen). Durch die mögliche Belebung befürchten wir zudem mehr Littering, im Falle von Feuerstellen oder der Nutzungtragbarer Grills an den geplanten Sitzplätzen auch eine Zunahme der Feuergefahr und der Luftverschmutzung. Auch eine Zunahme von bspw. Sprayvandale halten wir für möglich. Da das Vorhaben der Umnutzung der Quartierstrassen als Superblock zu einer geänderten Inanspruchnahme von Privatparzellen bspw. durch Parkieren von Velos oder Motos oder das Verweilen von Strassenbesuchern auf besagten Privatparzellen - respektive den sie begrenzenden Mauerwerken - führen kann, ist zudem die Grundeigentümerschaft aller betroffenen Parzellen zu kontaktieren. Es muss gewährleistet sein, dass sie mit der Einreichung des Nutzungsgesuchs einverstanden ist und den Inhalt zur Kenntnis genommen hat (ANÖRV, § 15, Abs. 1, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/724.115).
… eine Verbesserung des städtischen Mikroklimas in allen Strassen stattfinden muss, das Anlegen von Strassenbäumen auch ohne komplette Aufhebung aller Parkplätze möglich ist und die im Rahmen des Superblockversuches aufzustellenden provisorischen Pflanzkübel kosten- und pflegeintensiv sind, wobei der mögliche minimale Effekt aufs städtische Klima durch den Pflegeaufwand negiert wird.
Das Anlegen von Pflanzgruben mit Pflanzen von Strassenbäumen ist eine permanente Massnahme, welche langfristig bessere Effekte auf das städtische Klima bietet. In vielen städtischen Strassen wurden bereits Strassenbäume gepflanzt, in vielen Fällen unter Beibehaltung fast aller vorbestehenden Parkplätzen. Diese wurden zwischen den Pflanzgruben platziert.
… eine weitere Begrünung der Stadt durch Förderung einer entsprechenden Nutzung der Vorgärten und Hinterhöfe gefördert werden kann.
In den letzten Jahren wurden vielerorts Vorgärten aufgrund des erhöhten finanziellen/zeitlichen Unterhalts oder zu Lasten von Velounterständen entgrünt. In der Jungstrasse alleine sind auf diese Weise mindestens acht Bäume und mehrere Blumenbeete verschwunden.
Verkehr und Strassenraum
… der Staat «eine sichere, wirtschaftliche, umweltgerechte und energiesparende Mobilität» ermöglichen und koordinieren soll ( Verfassung des Kantons Basel Stadt §30, Abs1, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/111.100).
Angesichts steigender Bevölkerungszahlen in der Agglomerationsregion mit Zunahme des regionalen Individualverkehrs ist ein Abbau dieser Verkehrsflächen kritisch zu sehen. Der Parkplatzabbau führt durch zunehmenden Suchverkehr ebenso wie durch Strassensperrungen verursachte, längere Fahrtwege zu wirtschaftlichem Mehraufwand, die sich im erhöhten Emissionsausstoss auch negativ auf die Energieeffizienz und die Umwelt auswirken. Neben der Verkehrsverlagerung kann eine Reduktion des Gesamtverkehrsaufkommens durch die Superblocks nicht erwartet werden, wie Stadtgeograph Antonio Luna gegenüber «10vor10» am Beispiel von Barcelona ausgeführt hat (https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/superblocks---stadtstrassen-begruenen-statt-befahren?urn=urn:srf:video:2edec553-2a82-435c-92a5-824bd5312f04).
Folglich muss die Verkehrsverlagerung im Gesamtkonzept miteingebracht und entsprechende Alternativen durch den Bau bspw. von verkehrsorientierten Hauptstrassen und alternativen Parkierungsmöglichkeiten (bspw. Quartierparkings in Autobahnnähe) geschaffen werden, um dem fortbestehenden Bedürfnis nach Individualmobilität gerecht zu werden.
… auch ohne Superblocks regelmässige Veranstaltungen auf unseren Quartierstrassen stattfanden, Kinder in den Strassen spielten und Erwachsene darin verweilten.
Im Bereich Jung-/Fatiostrasse fanden früher ein jährliches Strassenfest, ein gemeinsames Spargelessen im Frühjahr, eine Adventsfensteraktion sowie ein gemeinsames Samichlausenfest statt. Diese Veranstaltungen wurden nicht weitergeführt, nachdem viele ehemalige Anwohner weggezogen sind, die verbleibenden Organisatoren aus diversen Gründen kein Interesse an einer Weiterführung hatten und auch keine Nachfolger gefunden wurden.
Zwischenzeitlich wurden wieder Versuche zur Wiederbelebung beispielswiese der Adventsfensteraktion unternommen, welche aber keinen Anklang fanden. Offensichtlich ist das Bedürfnis nach einem verstärkten nachbarschaftlichen Zusammenleben nicht bei allen Anwohnern vorhanden.
Um die Rückkehr zu diesen Veranstaltungen zu vereinfachen, wären vereinfachte Bewilligungsverfahren oder regelmässige Strassensperrungen zu bestimmten Tageszeiten denkbar. So könnten Parkplätze bspw. an Wochenenden aus den Quartierstrasse auf die an Wochenenden weniger befahrenen Hauptverkehrsachsen (bspw. Elsässerstrasse, Fahrspur stadtauswärts) verlegt oder eine Sperrung in der Ferienzeit (in der erfahrungsgemäss mehr Parkflächen freistehen) vorgenommen werden. Als Beispiel für eine solche uhrzeitgebundene Nutzung einer Fahrbahn als Parkplatz kann die Baslerstrasse in Allschwil, zwischen der Haltestelle «Binningerstrasse» und «Gartenstrasse», herbeigezogen werden, wo Teile der vorhandenen Parkflächen jeweils zur Hauptverkehrszeit aufgehoben werden.
… die öffentlichen Quartierparkplätze sowohl durch Anwohner als auch Pendler und Besucher rege genutzt werden und die Aufhebung der Parkplätze im Quartier ohne Schaffung alternativer Parkplatzmöglichkeiten erfolgt. Zudem lässt sich der Kanton die Nutzung der Parkplätze über entsprechende Parkplatzgebühren bezahlen.
Im St. Johanns-Quartier standen im November 2023 gemäss Parkplatzkataster (https://www.mobilitaet.bs.ch/dam/jcr:012c972d-001e-4c0f-a037-fa81efd04d11/Parkplatzkataster%20Stadt%20Basel%20(Stand%2013.11.2023).pdf) 2131 (11% der gesamtstädtisch verfügbaren 19'718 Parkplätze) Parkplätze in der Blauen Zone zur Verfügung. Die Gesamtzahl der tatsächlich verfügbaren Parkplätze wird durch Baustellen und andere Nutzungsformen eingeschränkt.
Demgegenüber wurden laut Auswertungen des Statistischen Amtes (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:555d98be-7e4e-4edc-b3ca-0ec2deb01164/t11-1-11.xlsx) 2022 2'143 Jahresbewilligungen (100.6% der verfügbaren Blauen Zonen) und weitere 80 Monatsbewilligungen für Anwohner ausgestellt. Hinzu kommen 68 Jahres- und 6 Monatsbewilligungen für Anwohner angrenzender Zonen.
Hinzu kommt die Nutzung der Parkflächen durch Pendler (431 Pendlerparkkarten wurden ausgestellt, bei proportionaler Verteilung zur gesamtstädtischen Parkplatzverfügbarkeit rund 47 Bewilligungen im St. Johanns-Quartier), durch Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe, sowie durch Besucher (bei proportionaler Verteilung zur gesamtstädtischen Parkplatzverfügbarkeit ohne Sonntage geschätzt 11.3 Vormittags-, 18.4 Nachmittags- und 36.0 Tagesparkkarten pro Tag). Nicht erfasst wurden Kurzzeitparkierende.
Die Erhebung der Parkplatzauslastung von 2023 (https://www.mobilitaet.bs.ch/dam/jcr:05fb3291-7ea7-4140-8f45-e7737c675baa/2024-02_Erhebung-Parkplatzauslastung_Schlussbericht.pdf) kommt so auch zum Fazit, dass die Auslastung der verfügbaren blauen Zonen vormittags zwischen 81-90% und abends zwischen 91-95% liegt. Da die statistische Auswertung auf Zählung der parkierten Fahrzeuge innerhalb ausgewählter Parkfelder beruht, wird aber auch darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Parkplatzverfügbarkeit durch grössere, nicht nutzbare Lücken zwischen den Fahrzeugen tiefer ausfallen dürfte. Ein Vergleich zur Vorerhebung von 2019 zeigt eine Zunahme der Auslastung zwischen 2.5-7.5% morgens bei gleichgebliebener Auslastung abends. Die tatsächliche Parkplatzverfügbarkeit wird durch temporäre Reservationen (Umzüge, Baustellen, andere Nutzungsformen) weiter reduziert.
Die Daten des Kantons decken sich grösstenteils mit unseren subjektiven Erfahrungen, wenngleich die nächtliche Auslastung von uns höher empfunden wird und oftmals langes nächtliches Parkplatz suchen mit sich bringt. So sind denn auch illegal abgestellte Fahrzeuge mangels legaler Abstellungsmöglichkeiten entsprechend häufig vorzufinden.
Die Bedeutung der öffentlichen Parkplätze für die Quartierbevölkerung ist hervorzuheben, da gemäss einer städtischen Erhebung rund 80% der Gebäude im Quartier über keine Privatparkplätze verfügen (Stand 2019, https://www.mobilitaet.bs.ch/dam/jcr:2806e5e7-2c23-4532-8b2f-e2ced80eed95/2020-02-24_Bericht_Auslastungserhebung_Privatparkpl%25C3%25A4tze.pdf&ved=2ahUKEwip9_fS5pSFAxULh_0HHeTxDNoQFnoECBgQAQ&usg=AOvVaw0QzZEhwwEDeP6sU1C7LNiv). Die vorhandenen Privatparkplätze im Quartier waren im Zeitraum der Erhebung zu 88% fest vermietet. Der erfasste Leerstand betrug 5% und war gemäss der Erhebung im Wesentlichen auf Firmenparkplätze zurückzuführen, welche der Öffentlichkeit gar nicht zur Verfügung standen.
Die angesichts des hohen Parkplatzdruckes im Quartier geplante Öffnung privater Parkierungsflächen ist bislang noch nicht erfolgt. Die politische Forderung nach Quartierparkings wurde trotz der regen Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte ebenfalls nicht umgesetzt.
So ist festzuhalten, dass das Quartier unter einem hohen Parkplatzdruck leidet. Es bestehen weniger Parkflächen als Anwohnerparkkarten verkauft werden, hinzu kommen weitere Parkierungsvorgänge durch Besucher und Arbeitstätige. Der Wegfall dieser öffentlichen Parkplätze kann durch Privatparkplätze nicht kompensiert werden, da nicht genügend Flächen zur Verfügung stehen und die Stadt den Bau von Quartierparkings und die Öffnung weiterer privater Parkhäuser für die Quartierbewohner und –besucher bislang nicht vorangetrieben hat.
… der hohen, wertschöpfungsgenerierenden Auslastung der öffentlichen Parkplätze eine niedrige Auslastung ohne finanziellen Nutzen durch die Umnutzung gegenübersteht.
Die Quartierparkplätze weisen unabhängig von Jahreszeit, Tageszeit oder Wetter hohe Auslastungszahlen (80-100%) auf.
Eine solche hohe Auslastung durch Menschen kann in der bestehenden Begegnungszone nicht beobachtet werden. Die Nutzung richtet sich klar nach den vorliegenden Temperaturen, dem Wetter, der Tageszeit sowie dem Wochentag. In der gesamtjährlichen Betrachtung überwiegen die Tage ohne/mit nur wenig Nutzung deutlich den Tagen mit einer hohen Nutzung.
Während es für die winterliche Nutzung oftmals zu kalt ist, wird im Sommer der Aufenthalt auf der Strasse als zu warm empfunden. Auch bei Regenwetter ist die Strasse kein angenehmer Aufenthaltsort. An Wochentagen sind die meisten Erwachsenen, wie auch deren Kinder, am Arbeiten oder in Kindergarten und Schule, sodass die Begegnungszone zumindest morgens ebenfalls meist menschenleer ist. Eltern nicht schulpflichtiger Kinder und andere Freihabende suchen an solchen Tagen lieber direkt den naheliegenden Park auf. Lediglich nachmittags können vereinzelt Kinder und weitere Strassennutzer angetroffen werden. Eine solche Nutzung ist jedoch schon seit jeher, auch bereits vor dem Bestehen der Begegnungszone, auf unseren Strassen zu beobachten. Nähert sich der Abend, so können gelegentlich Anwohner beim Grillieren auf den Vorplätzen des Wohnhauses und deren Kinder beim Spielen auf der Strasse beobachtet werden. In der Nacht liegen die Flächen der Begegnungszonen dann wiederum verlassen da.
Eine solche geringe Nutzung des öffentlichen Raumes führt in unseren Augen zu einer übermässigen Beeinträchtigung der Interessen Dritter, welche die Verkehrsflächen der zukünftigen Superblock-Strassen im Rahmen der eigenen Mobilität als fahrender oder ruhender Verkehr nutzen (NÖRG, §5, Abs. 1, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/724.100) und deren Interesse an einer Nutzung der Strasse als Verkehrsfläche sich beispielsweise in der hohen Auslastung der Parkflächen zeigt.
Unter finanzieller Betrachtung muss genannt werden, dass ein Parkplatz – neben der Einnahme von Parkplatzgebühren - auch durch mit der Parkierung verbundenen Aktivitäten Umsätze generieren kann. Eine Zürcher Studie aus dem Jahr 2011 hat für Parkplätze einen Durchschnittsumsatz von 328'000 CHF (164'000 – 683'000 CHF) pro Parkplatz errechnet (https://www.stadt-zuerich.ch/content/dam/stzh/ted/Deutsch/taz/Mobilitaet/Publikationen_und_Broschueren/Parkierung/SBERZHUMSATZPP.pdf&ved=2ahUKEwjNm52cwZWFAxU3-QIHHSpvC-wQFnoECBoQAQ&usg=AOvVaw1TvehjaDfjusYGTA5QrC0i). Ein solcher Umsatz kann von brach liegenden Freizeitflächen nicht erwartet werden. Im Gegenteil ist durch die Bewirtschaftung des aufgestellten Strassenmobiliars und die Pflege der Pflanzen sogar mit gesteigerten Unterhaltskosten zu rechnen.
… die Jung-/Fatiostrasse bereits vor kurzem eine Umgestaltung der bereits vorbestehenden Begegnungszone erfahren hat.
Im Rahmen dieser Umgestaltung wurde die Fatiostrasse auf einem weiten Abschnitt für spielende Kinder und weitere Strassennutzer geöffnet. Diese angepasste Verkehrsanordnung stellt in unseren Augen einen guten Kompromiss zwischen dem Bedürfnis der Superblockbefürworter nach mehr freien Flächen im Strassenraum und unseren Bedürfnissen nach ausreichenden Flächen für den fahrenden und ruhenden Individualverkehr.
Die Nutzung der freigewordenen Flächen ist jedoch überschaubar, meistens sind die entsprechenden Abschnitte menschenverlassen und leer (siehe oben).
… die Sperrung der Quartierstrassen auch die Durchfahrt schneller E-Bikes untersagt.
Die schnellen E-Bikes erfreuen sich einer grossen Beliebtheit und sind für viele Fahrer die umweltschonende Alternative zum eigenen Auto. So sind die Zulassungszahlen über die letzten Jahre auf 2'539 E-Bikes im Kanton Basel-Stadt (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:55a5c131-554a-488b-8159-463378d228b9/t11-1-07.xlsx) angestiegen. Auch im Baselland (https://statistik.bl.ch/web_portal/11_3) sind die Zulassungszahlen (7'522 E-Bikes 2022) steigend. Auch E-Bikes mit deutschen und französischen Kennzeichen können vermehrt im Strassenverkehr angetroffen werden.
E-Bikes sind vielseitig in der Nutzung und ersetzen häufig das Auto auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkauf. Sie beanspruchen wenig Raum, stossen keine Emissionen aus und können in städtischem Verkehr durchaus mit Auto-Fahrtzeiten mithalten. Dennoch sollen E-Bikes die sicheren Quartierstrassen zukünftig nicht mehr durchfahren dürfen.
… die Elektrifizierung des Verkehrs mittelfristig zu einer weiteren Reduktion der Lärmbelastung und Luftverschmutzung führen wird.
Während die Trämmli in der Stadt schon seit Jahrzehnten mit Strom gefahren werden, fahren seit letztem Jahr nun auch vermehrt die Busse mit E-Antrieb. Aber auch im motorisierten Individualverkehr steigt die Zahl umweltfreundlicher E-Fahrzeuge. In zwei Jahren hat sich deren Zahl im Personenwagenbereich von 935 (1.5%) im Jahr 2021 auf 1'876 (3%) im 2023 gemessen am städtischen Gesamtfahrzeugbestand verdoppelt. Die Zahl der Hybridfahrzeuge hat sich von 2’757(4.4%) auf 4'658 (7.5%) erhöht (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:9977420c-3f80-43bb-b3ad-697188b73b46/t11-1-04.xlsx). Diese Zahlen werden mit dem zunehmenden Angebot günstigerer Fahrzeuge sowie der weiteren Verschärfung der Abgasnormen weiter steigen und mittelfristig zu einer Verdrängung von Fahrzeugen mit reinem Verbrennermotor führen.
Die damit verbundene Reduktion der Lärm- und Abgasemissionen führt zu einer Senkung der negativen Auswirkungen des Individualverkehrs.
… eine weitere Verkehrsreduktion zugunsten der Verkehrssicherheit angesichts tiefer Unfallzahlen in den Quartierstrassen nicht notwendig scheint und im ungünstigsten Fall zu einer Abnahme der Verkehrssicherheit andernorts führen kann.
Weder die Jung-/Fatiostrasse, noch weitere in das Pilotprojekt aufgenommene Quartierstrassen, werden durch die Kantonspolizei als Unfallschwerpunkte gewichtet (https://map.geo.bs.ch/?lang=de&baselayer_ref=Grundkarte%20grau&map_x=2610848&map_y=1268412&map_zoom=6&tree_group_layers_Unfallschwerpunkte=US_Unfallschwerpunkte&tree_time_US_Unfallschwerpunkte=2022&tree_groups=Unfallschwerpunkte). Im Bereich Jung-/Fatiostrasse ist dementsprechend auch nur ein einziger Unfall (Parkierunfall mit Sachschaden) aus dem Jahr 2012 hinterlegt (https://data.bs.ch/explore/dataset/100120/map/?disjunctive.accidenttype_de&disjunctive.accidentseveritycategory_de&disjunctive.roadtype_de&disjunctive.accidentweekday_de&sort=accident_date&disjunctive.typ&disjunctive.schwere&disjunctive.monat&disjunctive.wochentag&disjunctive.stunde&disjunctive.strasseart&disjunctive.fussgg_bet&disjunctive.fahrrd_bet&disjunctive.motord_bet&location=18,47.56588,7.57804&basemap=9fffa5).
… die Aufhebung der Parkplätze zu einer Zunahme des Suchverkehrs in umliegenden Quartierstrassen führen wird.
Mit der Verlagerung des Suchverkehrs und ohne Schaffung zusätzlicher Parkplätze werden die Lärmemissionen und die Luftverschmutzung in den umliegenden Quartierstrassen zunehmen und damit einhergehend die Belastung der dortigen Anwohner.
… der Durchgangsverkehr auf wenigen Strassen kanalisiert wird, welche nicht für eine solche verkehrsorientierte Nutzung ausgebaut sind.
Im Gegensatz zu Städten wie Barcelona, Gent oder Leipzig ist das Basler Strassennetz eher klein dimensioniert. Grosse Ringstrassen oder Zubringer fehlen ebenso wie parallel verlaufende, zueinander redundante Verkehrsachsen. Während in den oben genannten Städten die Sperrung einer Strasse durch die ans gleiche Ziel führenden Parallelstrassen kompensiert werden oder der Verkehr auf grossen verkehrsorientierten Strassen um die verkehrsberuhigten Bereiche geführt werden kann, ist eine solche Umverteilung des Verkehrs in Basel mangels entsprechender Infrastruktur oder freier Bauflächen nicht ohne Weiteres umsetzbar.
So ist beispielsweise die Elsässerstrasse als Verbindungsstrasse zwischen Innenstadt und St. Louis (F) und als Zubringerstrasse zwischen St. Johanns-Quartier und Autobahn seit Jahren stark befahren. Um den Bedürfnissen des Langsamverkehrs gerecht zu werden, wurde eine Kreuzungsampel im Bereich Elsässerstrasse/Mülhauserstrasse und eine Fussgängerampel im Bereich Elsässerstrasse/Wasserstrasse installiert. Zudem wurden die Tramhaltestellen der Linie 11 an mehreren Stellen auf die gemeinsame Fahrbahn gelegt, durch welche sich Autos und Velos gleichermassen durchzwängen müssen. Dies hat zu einer Verschlechterung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsflusses geführt. Die Fahrzeit durch die Elsässerstrasse hat sich verlängert und durch die subjektiv wahrgenommene Zunahme des Stop-and-Go-Verkehrs hat auch die Lärm- und Luftverschmutzung zugenommen. Statistische Daten aus diesem Bereich der Elsässerstrasse liegen nicht vor. Eine Medienmitteilung des Bau- und Verkehrsdepartments vom 20.10.2023 (https://www.bvd.bs.ch/nm/2023-mehr-verkehrssicherheit-fuer-elsaesserstrasse-und-klybeckstrasse-dank-tempo-30-bd.html) beschreibt jedoch eine deutliche Überschreitung der Immissionswerte, weshalb in diesem Teil der Elsässerstrasse erst vor kurzem Tempo 30 eingeführt wurde.
Als Umfahrung der Elsässerstrasse im Falle einer weiteren Zunahme der Auslastung oder einer Sperrung für den Durchgangsverkehr (wie durch die Superblockbefürworter gefordert) kämen so bspw. der Weg durch die ebenfalls verkehrsberuhigte Klybeckstrasse und über die beiden Rheinbrücken Dreirosen- und Johanniterbrücke oder der Weg durch die Metzerstrasse via Kannenfeldplatz, wofür neben der Voltastrasse entweder der verkehrsberuhigte Vogesenplatz oder die am Kannenfeldpark-Haupteingang vorbeiführende Flughafenstrasse durchfahren werden muss. Das Ziel der Klimaschutzstrategie (https://www.pd.bs.ch/dam/jcr:3c78fbf0-c2ca-43cfb0f4df3f1e3db1fa/20240307_Klimastrategie_WEB.pdf) mit Verkürzung der Wege, Reduktion der Gesamtfahrleistung und damit verbunden die Einsparung von klimaschädlichen Emissionen - vor dem Hintergrund einer wachsenden Agglomerationsregion - rückt somit in weitere Ferne. Eine solche Verlagerung der Verkehrsflüsse führt zu einer Ungleichbehandlung anderer Strassenanwohner, zu einer Zunahme des dortigen Verkehrs, der Lärmbelastung und der Luftverschmutzung mit einem erhöhten Zeitaufwand und gesteigerten Kosten für Berufstätige, Gewerbebetriebe und die Quartieranwohner und -besucher.
… vorhandene Gewerbebetriebe in den betroffenen Strassen auf eine gute Erreichbarkeit und Parkplätze für den Güterumschlag und Kundentermine angewiesen sind und Laufkundschaft nur einen unerheblichen Teil des Umsatzes generiert.
An der Fatio- und Jungstrasse liegen keine Gastronomiebetriebe oder Einkaufsläden, welcher von einer Zunahme des Fussverkehrs profitieren könnten. Auch entsprechende Lokalitäten, welche eine solche Nutzung zulassen würden, liegen nicht vor. Im Gegenteil sind Betriebe wie die Sattlerei in der Fatiostrasse, der Coiffeur an der Ecke Jung- /Fatiostrasse, die Familea-Kindertagesstätte und viele Betriebe an der parkplatzfreien Elsässerstrasse auf eine gute Erreichbarkeit und Parkiermöglichkeiten angewiesen.
… Basel im Zentrum einer wachsenden Agglomerationsregion liegt und die Erreichbarkeit auch für Pendler und Besucher gewährleistet werden muss.
Im Kanton Baselland zeigt sich bei wachsender Bevölkerung (+1.4% im 2022, absolut 294’316 Einwohner) (https:/statistik.bl.ch/web_portal/1_1_2) eine Zunahme des Fahrzeugbestandes mit einem Motorisierungsgrad von 520 Fahrzeugen /1000 Einwohner (https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/verkehrsinfrastruktur-fahrzeuge/fahrzeuge/strassenfahrzeuge-bestand-motorisierungsgrad.assetdetail.30148892.html). Durch die enge regionale Verknüpfung ist davon auszugehen, dass die Zunahme des Motorisierungsgrades in der Agglomeration auch Auswirkungen auf die Verkehrsreduktionsbestrebungen der Stadt haben wird.
So ist der Individualverkehr mit dem grossen Anteil des Gesamtverkehrsaufkommens in der Region ein zentraler Leistungsträger. Eine integrative Verkehrsplanung mit Berücksichtigung der Bedürfnisse des regionalen Individualverkehrs ist für die Entwicklung der Region wichtig.
Demographie
- eine weitere Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs zu einer grossen Belastung vieler Anwohner und zu einem weiteren sozioökonomischen Strukturwandel innerhalb des Quartieres führt.
Der städtische Fahrzeugbestand hält sich seit den frühen 1980er-Jahren um die 300 Fahrzeuge/1000 Einwohner stabil (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:a7aebb0d-6889-444a-ba3f-384d24ca0657/t11-1-08.xlsx). Der absolute Fahrzeugbestand an Personenwagen im Kanton hat sich seit den frühen 1990er-Jahren um die 60'000 Personenfahrzeuge eingependelt. Der Anteil an Lieferwagen zeigt sich hingegen weiterhin steigend mit 6381 Fahrzeugen im Jahr 2023.
Trotz der politischen Bemühungen, das Automobil aus der Stadt zu entfernen, zeigt sich, dass Teile der Bevölkerungen am eigenen Auto festhalten müssen/möchten und dies auch allen politischen Gängelungen zum Trotz tun. Es ist davon auszugehen, dass die Teile der Bevölkerung, die auf ein Auto verzichten können/möchten, dies bereits getan haben. Eine weitere Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs wird zu einer Verdrängung der Quarterbevölkerung führen, welche weiterhin auf ein eigenes Auto angewiesen ist.
Es sind Anwohner in handwerklichen Berufen und Menschen, welche physisch an ihrer Arbeitsstätte präsent sein müssen. Es betrifft Handwerker, deren Fahrzeug ihre Werkstatt darstellt, Angestellte im Schichtdienst und Familien, welche im Alltag auf ein Auto oder auf die Erreichbarkeit mit dem Auto angewiesen sind. Es sind Anwohner, welche das Quartier seit Jahren bewohnen und prägen und dem Quartier den Ruf als multikulturelles, lebendiges Quartier eingebracht haben. Aber es sind auch Bevölkerungsschichten, welche bereits durch die Aufwertung des Quartiers nach Fertigstellung der Nordtangente und dem Bau des Novartis- Campus besonders belastet wurden.
Eine Betrachtung des Wanderungsverhaltens der Basler Bevölkerung zeigt seit Jahren ein negatives innerschweizerisches Wanderungssaldo von 1'000 bis 2'000 Personen, welche jedes Jahr die Stadt verlassen und in die Gemeinden der umliegenden Agglomeration ziehen (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:f42c9b91-31bb-43c7-8420-df8a4d903085/t01-5-06.xlsx). Das städtische Wachstum beruht dabei ausschliesslich auf der Tatsache, dass ein noch grösserer Zuzug aus dem Ausland erfolgt. Der Wegzug der Stadtbewohner erfolgt nach einer mittleren Aufenthaltsdauer von 8 Jahren in Basel, wobei rund ein Viertel der Wegziehenden bereits nach zwei Jahren die Stadt wieder verlassen hat.
Die Wanderungsanalyse von 2022 (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:eb367ac0-1692-47cf-9d25-6dc8bf30876b/Wanderungsanalyse.pdf) ergab, dass mit Ausnahme der jungen Erwachsenen (18-29 Jahre) alle anderen Altersgruppen einen negativen Wanderungssaldo aufwiesen. 56% des Wanderungsverlustes gegenüber der Agglomeration Basel war auf 30-44-Jährige und 28% auf unter 18-Jährige (am ehesten deren Kinder) zurückzuführen.
Interessanterweise legt die statistische Auswertung der Verteilung von Autos nach Haushalt (2021) nahe, dass insbesondere Familien auf ein eigenes Auto angewiesen waren. So lag die durchschnittliche Autoverfügbarkeit eines 1-Personenhaushalts bei 0.33, während ein 3- Personenhaushalt bereits über durchschnittlich 0.75 und ein 4-Personenhaushalt über 1.01. Autos verfügte. Ab 5 oder mehr Personen lag diese Zahl bei 1.14. Gleichzeitig aber war die Parkplatzverfügbarkeit mit zunehmender Haushaltsgrösse rückläufig (1 Personenhaushalt 0.42 Parkplätze, 3 Personenhaushalt 0.53 Parkplätze, 4 Personenhaushalt 0.81 und 5 oder mehr Personen 0.44 Parkplätze) (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:31a1de6a-6513-4ea1-9e90-4b45f6276db5/t11-6-01.xlsx). Bereits ab einer Haushaltsgrösse von 3 Personen standen weniger Parkplätze als Autos zur Verfügung.
In unseren Augen führt eine weitere Einschränkung der Parkplatzverfügbarkeit daher zu einer besonderen Belastung und einem Wegzug von Familien. Dies deckt sich mit den eigenen Erlebnissen aus unserem Umfeld, wonach junge Menschen in der Stadt ihre Ausbildung absolvieren, um im weiteren Verlauf wieder aus der Stadt wegzuziehen.
Aber auch finanziell schwache Haushalte ohne Kinder werden den zunehmende Kostendruck zu spüren bekommen. Aus der Steuerstatistik 2023 (https://www.statistik.bs.ch/dam/jcr:efec0c13-d47d-4e51-8577-0101537ee8f1/Steuerstatistik.pdf) ist ersichtlich, dass das durchschnittliche Reineinkommen im St. Johanns-Quartier unter dem städtischen Mittelwert liegt. Auch das durchschnittliche Reinvermögen liegt unter dem städtischen Mittelwert, sodass das St. Johanns-Quartier weiterhin viele Menschen mit tieferen finanziellen Möglichkeiten beheimatet.
Die Lebenshaltungskosten hingegen sind in den letzten Jahren bereits stark gestiegen. Der Kanton hat mit diversen Massnahmen gegengesteuert. Unter anderem sollte mit der Mietpreisbremse eine Reduktion des Wohnkostenanstiegs erreicht werden. Durch die Notwendigkeit, nun auch einen privaten Parkplatz anmieten zu müssen, wird aber eine erneute Kostensteigerung herbeigeführt. Bei aktuellen Parkplatzpreisen liegt diese Steigerung zwischen 150-220 Franken (zwischen 5-20% der Wohnungsmiete), dürfte aber aufgrund des erhöhten Bedarfs und des knappen Angebots durchaus noch nach oben aufschlagen. Durch die politische Reduktion der Parkflächen wird der Wohnraum für Menschen mit Bedarf nach einem eigenen Auto reduziert und widerspricht dem vom Kanton anerkannten Recht auf Wohnen, wonach der Kanton «zur […] Sicherung notwendige Massnahmen [ergreift], damit Personen [..] sich einem ihrem Bedarf entsprechenden Wohnraum beschaffen können, dessen Mietzins oder Kosten ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht übersteigt.» (Verfassung des Kantons Basel- Stadt, §11 Abs. 2c, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/111.100). Weiter ist der Staat zum «Erhalt bestehenden, bezahlbaren Wohnraums in allen Quartieren» (§34 Abs. 2) mit «Schutz vor Verdrängung […] insbesondere für die älteren und langjährigen Mietparteien» (§34 Abs. 3) angehalten und soll «alle notwendigen wohnpolitischen Massnahmen, die den Charakter der Quartiere, den aktuellen Wohnbestand sowie die bestehenden Wohn- und Lebensverhältnisse bewahren» (§34 Abs. 4, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/111.100).
Es ist zu befürchten, dass die steigenden Lebenshaltungskosten und die Verschlechterung der Verkehrssituation zu einem weiteren erzwungenen Wegzug von Teilen der Quartierbevölkerung führen, wie dies bereits mit der Fertigstellung der Nordtangente, dem Bau des Novartis-Campus und der anschliessenden «Aufwertung» unseres Quartieres geschehen ist. Solche Effekte durch gestiegene Wohn- und Lebenskosten konnten gemäss Aussagen von Herrn Luna (Stadtgeograph Barcelona) gegenüber «10vor10» auch in Barcelona beobachtet werden (https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/superblocks---stadtstrassen-begruenen-statt-befahren?urn=urn:srf:video:2edec553-2a82-435c-92a5-824bd5312f04).
... die weitere Einschränkung des Individualverkehrs zu einer Benachteiligung körperlich oder geistig beeinträchtigter Menschen oder älterer Menschen, die auf Individualmobilität angewiesen sind, führt.
Eine Benachteiligung von Menschen «aufgrund ihrer Behinderung [darf] weder direkt noch indirekt» erfolgen (BRG, §1, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/140.500). Der Kanton ist zudem angehalten, die Anliegen von «betagten und behinderten Frauen und Männern» (Kantonale Verfassung, §14 Abs. 1, https://www.gesetzessammlung.bs.ch/app/de/texts_of_law/111.100) zu berücksichtigen.
Schlusswort
Wir haben den Rekurs ergriffen, weil die Superblocks unser Quartier tiefgreifend verändern werden und wir befürchten, dass der Charakter des Quartiers mit den bestehenden Wohn- und Lebensverhältnissen verloren geht. Wir befürchten eine weitere sozioökonomische Verdrängung der Menschen, welche dieses Quartier über Jahrzehnte geprägt und zu dem gemacht haben, was es heutzutage so beliebt macht. Ein belebtes, vielfältiges Quartier welches eine hohe Lebensqualität - trotz Zusammenleben auf engem Raum - durch die gemeinsame Freude am Quartier einerseits, den Respekt vor der Lebensform der Mitbewohner andererseits, wahrt und fördert.
Wir sind überzeugt, dass die durch die Superblocks angestrebten Veränderungen durch konkrete Massnahmen in weniger einschneidender Form vorgenommen werden könnten und durch die gleichzeitige Schaffung von Alternativangeboten eine tatsächliche Zunahme an Lebensqualität für alle Quartierbewohner erreicht werden kann.
superblock-rekurs@gmx.ch
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